Eine Ärztin, die ein Vorwort für ein Buch der Physiotherapie schreibt – das mag zunächst irritieren. Aus zwei Gründen tue ich dies jedoch sehr gerne.Der erste dieser Gründe hängt eng mit meiner persönlichen Erfahrung zusammen. Denn obwohl ich Medizin studiert habe, war mir lange Zeit nicht klar genug, wie wichtig eine solide wissenschaftliche Basis in der Medizin und den medizinischen Fachberufen ist. Eine zunehmende Professionalisierung und Beachtung von Evidenz und anderen konsistenten Nachweisen hat dazu geführt, dass „Eminenzhoheit“ und reine Erfahrungsweitergabe auf dem absteigenden Ast sind – zum Wohle unserer Patienten. Zu lange haben wir uns beim sensiblen Thema Gesundheit allein darauf verlassen, was ich heute als Augenscheinplausibilität bezeichnen möchte und oftmals haben wir Kausalität mit Korrelation verwechselt. Dazu kamen immer wieder medizinische und therapeutische Modeströmungen, denen wir mitunter aus einem Bauchgefühl heraus gefolgt sind – oder eben auch nicht. Ohne eine gute Methodik für den kausalen Nachweis von Behandlungserfolgen verschiedener Methoden müssen wir auf dem Stand des intuitiven oder subjektiven Abwägens bleiben – und können uns dabei kräftig irren. Mit Professionalität hat das wenig zu tun.Doch - zum Wohle unserer Patienten - sollten wir heute so nicht mehr vorgehen. Was wir brauchen, sind Belege dafür, dass das, was wir tun, wirklich - also ursächlich - hilft. Dazu mag jeder Gesundheitsfachbereich auf seine eigene Art und Weise beitragen, jedoch sollte uns allen eins gemeinsam sein:„Evidenz vor Erfahrung und Wunschdenken und Wissenschaftlichkeit vor unlauteren und teils pseudowissenschaftlichen Heilsversprechen.“Der zweite Punkt, warum ich dieses Vorwort gerne schreibe, ist mein seit jeher gehegtes ehrliches Anliegen, dass die verschiedenen Experten des Gesundheitswesens noch enger zusammenarbeiten müssen. Wir sollten die alten Standesdünkel weiter abbauen und Patienten und deren Gesundheit fachübergreifend zu unserem gemeinsamen Fokus erklären. Dazu gehört aus meiner Sicht die therapeutische Expertise der Physiotherapie genauso wie die der ärztlichen Orthopädie - und natürlich auch der Wunsch des Patienten. Seit den 1990er Jahren haben wir das Therapeuten-Patienten-Verhältnis immer mehr hin zu einer Kommunikation auf Augenhöhe verändert und sollten dies weiterhin tun.Das bedeutet allerdings auch, dass Patienten sich nicht einfach nur mehr „passiv behandeln“ lassen. Patienten kommt eine größere Eigenverantwortung im Umgang mit ihren Beschwerden zu. Diese Eigenverantwortung des Patienten ist aber nur dann mehr als eine Phrase, wenn dieser über die notwendigen Informationen verfügt. Insofern ist es unsere besondere Verantwortung, hier richtig Anleitung und Begleitung geben zu können. Und dies können wir am besten auf der Basis von wissenschaftlich Überprüftem. So tragen wir dann im besten Fall (und sicher auch in Zukunft mit mancherlei Denkfehlern und Irrwegen, aber auf dem richtigen Kurs) alle gemeinsam zu einer modernen, zukunftsfähigen und auch rationalen Medizin bei.Dafür braucht es Idealismus und deswegen freue ich mich über die Kollegen, die mit so viel Mut und Enthusiasmus an diesem Buch geschrieben haben. Man braucht auch Durchhaltevermögen, denn alte Strukturen lassen sich nicht so leicht aufbrechen. Und wir werden auch mehr und mehr die länderübergreifende Zusammenarbeit brauchen, denn längst ist Wissenschaft international geworden.In diesem Sinne wünsche ich dem Buch von Andreas Alt, Maximilian Herbst und Joschua Reis viele Leser, die tatsächlich zum Wissen-Schaffen beitragen wollen und diesem Wunsch nicht von veralteten Lehrmeinungen beirren lassen, sich festgebackenen Traditionen und den scheinbaren Verheißungen des bloßen Erfahrungssammelns entreißen wollen und die den Gedanken der Evidenzbasierung in ihrer täglichen Arbeit mit Leben füllen.Dr. Natalie Grams
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