Beschreibung
182 (2) Seiten. 20,8 cm. Umschlaggestaltung: Nina Rothfos & Patrick Gabler. Sehr guter Zustand. Stempel auf dem Fußschnitt. Nicht jeder weiß, wie man sich bewegt, wenn der Kaiser von Japan zum Essen in den Kunaicho-Palast eingeladen hat. Daher gibt es einen unnachsichtigen Zeremonienmeister, der dem Gast auf einem Magnettäfelchen den Raum erklärt und den Ablauf des Geschehens. Die Geladenen werden durch schwarze Knöpfe dargestellt, der Kaiser, der Kronprinz und der jüngere Bruder des Kronprinzen durch einen grünen, einen gelben und einen roten Knopf. Ein schönes, ein ruhiges, ein würdiges Bild. Eine Herrschaftsszene wie von einem bedeutenden Hofmaler festgehalten. Wenn aber nun Bewegung entsteht, das kommt ja vor bei solchen Anlässen, wenn, sagen wir, der grüne Knopf ein paar Schritte nach Nordnordwest wandert, so erfordert das vom Besucher die vollste Konzentration. Folgen die schwarzen Knöpfe? Vielleicht in einem respektvollen Abstand? Verlagern sich Gewichte? Geben sie dem Raum eine neue Symmetrie? Eine neue Architektonik des Machtgefälles?" Von Oberhausen der Nachkriegszeit und der beschaulichen Bergwelt Oberbayerns an die reichlich mit Fisch gedeckte Tafel des Kaisers von Japan, in Begleitung des heute noch amtierenden Kanzlers und so manchem anderen, der sich als strahlender Vertreter des New Germany empfindet - das ist der weitgespannte thematische Bogen dieses autobiografisch gefärbten Zustandsberichts unserer neuen-alten Republik. Kein "Nachlass zu Lebzeiten" - nein, hier versucht einer mit all der ihm zu Gebote stehenden erzählerischen Kraft, einen (nicht immer geradlinigen) Pfad durch das Dickicht eines nicht ganz untypischen bundesrepublikanischen Lebens zu schlagen. Eines rastlosen Lebens, das seinen vorläufigen Höhepunkt in dem gerade auflodernden Glanz der Ära Schröder erlebt. Unterwegs in den Kreisen der politischen und der kulturellen Eliten lernt der Erzähler das Hohe Lied des Unfertigen zu singen, lernt die Vollkommenheit dessen zu preisen, der sich seiner Unvollkommenheit stets bewusst bleibt und so zum Gegentypus wird in einer Welt der "Windhündigen mit den spitzen Schnauzen". Tilman Spengler - unter anderem Kursbuch-Herausgeber, Sinologe, Rückenexperte, Romancier, Lenin-Forscher, Redenschreiber der Regierung, Bayreuth Gänger und noch vieles mehr - versammelt mit Witz, Weisheit und leichter Hand die vielen bunten, glänzenden Splitter unserer Gegenwart zu einem vorläufigen Bild dessen, was wir heute sind - und auch dessen, was wir zu sein vorgeben. - Tilman Spengler (* 2. März 1947 in Oberhausen) ist ein deutscher Sinologe, Schriftsteller und Journalist. Leben und Wirken. Spengler studierte in Heidelberg, Taipeh und München Sinologie, Politikwissenschaft und neuere Geschichte und war mehrere Jahre am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt (kurzzeitiger Name Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften") in Starnberg tätig. 1972 schloss er seine Promotion in München ab. Danach war er sechs Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker tätig. Neben seiner akademischen Tätigkeit publizierte er unter anderem regelmäßig in der Zeit und in GEO. Im Jahre 1991 veröffentlichte er die Romanbiografie Lenins Hirn", die in einundzwanzig Sprachen übersetzt wurde. 1992 wurde Spengler Feuilletonchef der Wochenzeitschrift Die Woche. 2003 erschien sein Erzählband Wenn Männer sich verheben". Spengler ist Gründungsmitglied der Lübecker Gruppe 05". Seit Mai 2006 steht er dem Sinologie Heidelberg Alumni Netzwerk" (SHAN) e. V. (Sinologisches Seminar der Universität Heidelberg) als Kuratoriumsmitglied zur Seite. Von 1980 bis zu ihrer Einstellung 2008 war er Mitherausgeber der Zeitschrift Kursbuch. Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Spengler ist ein China-Kenner und war 1976 beim großen Erdbeben in China. Er reiste mit Bundeskanzler Schröder 2001 nach China und Japan und begleitete im Mai 2008 den Außenminister Steinmeier. Bestandsnummer des Verkäufers 72311
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