Beschreibung
4to. 1 1/2 pp. Mit Kuvert. Großer und aufschlussreicher Brief von Hans-Georg Gadamer an den Philosoph Christoph von Wolzogen, in dem es um ein Unterfangen geht, den dogmengeschichtlichen Hintergrund aufzuklären, der - wie Gadamer es ausdrückt - in den ersten Denkversuchen der Heideggerschen philosophischen Emanzipation" stecke: […] Obwohl ich sonst keinerlei biographisches Interesse an Heidegger habe - was gewiß jeder verstehen wird, der weiß. welche dauernde Bedeutung und spannungsvolle Bedeutung meine Beziehung zu Heidegger hat -, sind doch in diesem Falle nicht nur einige biographische Details von Interesse, wenn sie mir auch nichts Neues erzählen. Aber das Thema, das sachlich in Ihrer Interessenahme an der Wechselbeziehung zwischen Heidegger und Krebs beschlossen ist, verdient auch in höchstem Maße mein Interesse. Von der Existenz eines echten Gebens und Nehmens bin ich apriori überzeugt. Und wenn Braig meistens nur als die wichtige Figur in Heideggers Munde gelegentlich auftauchte, so war das eben der gemeinsame Lehrer, und selbst das bestätigt noch die Wechselbeziehung zwischen den Schülern. Insofern bin ich mit voller Sympathie bei dem Arbeitsvorhaben. Freilich, es stellt eine persönlich-subjektive Anforderung, die kaum einer wird erfüllen können. Einerseits muß man stärker distanziert und unparteiisch sein, als etwa der wackere Hugo Ott besitzt, der meines Erachtens zu Unrecht deswegen so viel angegriffen wird. Man darf nicht irgendwo innerlich so festgelegt sein, auf eine Verteidigung der katholischen Kirche und ihrer Nachwuchspolitik. Auf der anderen Seite muß man aber nicht nur die ersten Schritte des Philosophen, des Denkers Heidegger, die uns inzwischen greifbar und greifbarer werden, wirklich zugänglich machen. Man muß schon auch etwas mehr, als leider ich besitze und als leider die meisten besitzen, die von der Inspiration Heideggers geprägt worden sind - man muß schon die Dogmengeschichte und das, was Braig hierin übermittelt hat, recht genau aufarbeiten. Und ob das jemand kann, der nicht in der katholischen Lehrtradition erzogen worden ist, weiß ich eben auch nicht genau. […]"Hans-Georg Gadamer gilt neben Martin Heidegger (1889-1976) als die herausragende Gestalt für die philosophische Hermeneutik des 20. Jahrhunderts. Gadamers wichtigstes Buch Wahrheit und Methode", das 1960 erschien, gehört zu den Meilensteinen der Philosophie im 20. Jahrhundert. Sein Hauptinteresse galt der antiken Philosophie und hier vor allem Platon. Er setzte sich aber auch intensiv mit Hegel, Husserl und Heidegger auseinander, aber auch hochaktuell mit Habermas und Derrida.Gadamer war Assistent bei Heidegger in Marburg zwischen 1922 und 1928. Der im Brief erwähnte Carl Braig (1852-1923) war ein deutscher katholischer Priester, Theologe und Philosoph, der einen tiefen Einfluss auf den jungen Heidegger hatte, vor allem mit seiner Schrift Vom Sein. Abriß der Ontologie" (1896). Bestandsnummer des Verkäufers 81401
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